Gutachten zur Pflegebedürftigkeit
Eine Ärztin erstellte für den Medizinischen Dienst der Krankenkasse Niedersachsen Gutachten betreffend die Pflegebedürftigkeit von Versicherten. Diese Ärztin stellte dafür Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus, woraufhin die Finanzverwaltung jedoch Umsatzsteuer nachforderte. Nach Auffassung der Finanzverwaltung diene die Gutachtertätigkeit nämlich nicht der Behandlung, Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit, sondern der Feststellung, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch auf Ersatz von Kosten nach dem Gesetz über die Pflegeversicherung zustehe.
Vorlage des BFH
Der Bundesfinanzhof folgte der Auffassung der Finanzverwaltung nicht und rief den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an (Vorlagebeschluss XI R 11/17).
Entscheidung des EuGH
Die Entscheidung des EuGH (C-657/19) dürfte bei zahlreichen Ärzten für Erleichterung sorgen, denn nach Auffassung des EuGH sei die Erstellung von Gutachten zur Pflegebedürftigkeit als eine „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung“ anzusehen. Nach Art 132 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) sind solche Dienstleistungen umsatzsteuerfrei. Nach Auffassung des EuGH sei es dabei unerheblich, dass die Ärztin im Streitfall keine „Einrichtung mit sozialem Charakter“ ist. Unerheblich ist auch, dass die Honorare indirekt und pauschal von der Pflegekasse gezahlt worden sind.
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie
Im Ergebnis können sich Ärzte bezüglich der Umsatzsteuerpflicht ihrer Honorare in ähnlich gelagerten Fällen bzw. bei Ausführung von Aufgaben, die der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit dienen, also auf die Regelungen in der MwStSystRL berufen.
Stand: 24. Februar 2021
Ausgabe Frühjahr 2021
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